Sturm- und Hagelversicherung - Umfang der Entschädigungsleistung
Der Versicherer leistet im Versicherungsfall Entschädigung für versicherte Sachen, die zerstört oder beschädigt werden, sowie für versicherte Kosten.
Sachsubstanzschäden
Gemäß Abschnitt A § 8 Nr. 1 ersetzt der Versicherer unter Anrechnung von Restwerten
a. bei zerstörten oder infolge eines Versicherungsfalls abhanden gekommenen Sachen den Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des
Versicherungsfalls;
b. bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls zuzüglich einer durch den Versicherungsfall
etwa entstandenen und durch die Reparatur nicht auszugleichenden Wertminderung, höchstens jedoch den Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des
Versicherungsfalls. Die Reparaturkosten werden gekürzt, soweit durch die Reparatur der Versicherungswert der Sache gegenüber dem Versicherungswert unmittelbar
vor Eintritt des Versicherungsfalls erhöht wird.
Behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen bleiben, sofern nichts anderes vereinbart ist, sowohl für die Restwerteanrechnung als auch für den erhöhten
Schadenaufwand durch Mehrkosten unberücksichtigt.
Zerstörung einer Sache
Zerstört ist eine Sache dann, wenn sie nicht mehr reparabel ist, auch wenn Bestandteile von ihr unbeschädigt geblieben sind. Verbliebene Reste sind mit ihrem
für den VN erzielbaren Verkaufspreis, ggf. mit dem Schrottwert anzurechnen. Einer Zerstörung ist gleichzusetzen, wenn die Sache zwar noch reparaturfähig ist,
die Reparaturkosten aber den Versicherungswert übersteigen.
Beschädigung einer Sache
Dementsprechend gilt eine Sache als beschädigt, wenn sie wieder funktionsgerecht repariert werden kann und die Höhe der Aufwendungen unterhalb des
Versicherungswertes bleibt. Unter die Entschädigungspflicht fallen sämtliche notwendigen Kosten einschließlich der Nebenkosten. Hierzu gehören z.B. die
Kosten für die Beseitigung eines durch Sturm auf das Gebäude gestürzten Baumes, um die Gebäudeschäden beheben zu können.
Wiederherstellung in den vorherigen Zustand
Die Reparaturarbeiten sind grundsätzlich so auszuführen, dass der vorherige Zustand der versicherten Sache wiederhergestellt wird. Ist dies jedoch nicht in
vollem Umfang zu erreichen, so hat der Versicherer für eine verbleibende Wertminderung gemäß Abschnitt b) zusätzlich einen Ausgleich zu zahlen. Die
Wertminderung kann in einer eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit bestehen, z.B. wenn eine reparierte Maschine nicht mehr ihre volle Leistung erreicht oder in
einer Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes, z.B. wenn zu ersetzende Dachziegel farblich von den unbeschädigt gebliebenen Dachziegeln abweichen.
Ein entschädigungspflichtiger Sachschaden kann auch darin bestehen, dass lediglich das Aussehen der Sache beeinträchtigt ist und nur ein sogenannter
Schönheitsschaden entstanden ist. Auch in einem solchen Fall kann als Entschädigung ein Wertminderungsausgleich in Betracht kommen.
Beispiel
Auf das mit Kupferblech eingedeckte Dach aufschlagende Hagelkörner hinterlassen mehr oder weniger tiefe Dellen, die jedoch so unerheblich sind, dass die
Funktion der Dacheindeckung, das Gebäude vor Witterungseinflüssen zu schützen, auch auf Dauer nicht beeinträchtigt ist. Daher ist eine Reparatur der
Kupferbleche aus technischen Gründen nicht notwendig. Ist aber das Aussehen des Gebäudes wegen der entstandenen Dellen wahrnehmbar beeinträchtigt und
hierdurch das Gebäude im Wert gemindert worden, handelt es sich um einen entschädigungspflichtigen Sachschaden, den der Versicherer in Form eines
Wertminderungsausgleichs regulieren kann.
Ob allerdings eine Wertminderung durch einen solchen Schönheitsschaden einen Sachschaden i.S.d. Sachversicherungsrechts darstellt, richtet sich nach der
Verkehrsanschauung, wobei es auf die Zweckbestimmung z.B. eines versicherten Gebäudes ankommt, so das Verwaltungsgericht Sigmaringen (r+s 88, 114). Kann
danach eine Beeinträchtigung des Aussehens grundsätzlich als Sachschaden anzusehen sein, so gilt das nach dieser Entscheidung nur insoweit, als es um
Beeinträchtigungen geht, die auch tatsächlich wahrnehmbar sind. Würden auf das obige Beispiel bezogen die Dellen in den Kupferblechen von einem Standort im
Bereich um das Gebäude nicht einsehbar sein oder aufgrund der Entfernung nicht wahrgenommen werden können, so bestünde kein Entschädigungsanspruch für die
Wertminderung.
Die gleichen Kriterien gelten auch für nach erfolgter Reparatur entschädigungspflichtiger Sturm- bzw. Hagelschäden verbleibende Schönheitsschäden.
Zumutbarkeit eines Wertminderungsausgleichs
Schließlich kommt es für die Entschädigung eines Wertminderungsausgleichs - sei es für reine Schönheitsschäden oder für nach einer nicht vollwertigen
Reparatur verbleibende Schönheitsschäden - auf die Zumutbarkeit für den VN an. Ein Indiz dafür, dass dem VN ein Wertminderungsausgleich anstelle eines
Kostenersatzes für vollwertige Reparatur zumutbar sein kann, ist ein schlechter Gebäudezustand und als weiteres Indiz vor allem die relative Höhe des ggf.
angemessenen Wertminderungsausgleichs (Martin SVR R I 32).
Höhe des Wertminderungsausgleichs
Die Höhe des Wertminderungsausgleichs hängt bei Gebäuden von Art, Größe und örtlicher Lage der Schadenstelle ab, ferner von der Zweckbestimmung des Gebäudes
(Martin SVR R I 33). Nach Martin, (a.a.O.) ist von der Minderung des Zeitwertes auszugehen - und zwar auch in der Neuwertversicherung.
Entschädigung sonstiger Aufwendungen
Neben der Entschädigung für den entstandenen Sachschaden ersetzt der Versicherer je nach Vereinbarung dem VN bestimmte Aufwendungen, die diesem durch das
Schadenereignis entstanden sind. Zu nennen sind insbesondere die für Rettungsmaßnahmen (Abwendung oder Minderung des Schadens) und für das Aufräumen der
Schadenstätte aufgewendeten Kosten.
So können in der Sturmversicherung als Rettungsmaßnahme z.B. in Betracht kommen
das provisorische Abdecken eines vom Sturm aufgerissenen Dachs mittels Planen, wenn eine sofortige Dachreparatur nicht durchführbar ist und
Witterungsniederschläge Folgeschäden verursachen könnten,
das sofortige Beseitigen eines auf das Dach gestürzten Baumes bei anhaltendem Sturm, wenn zu befürchten ist, dass der Baum durch den Sturmdruck
noch weiter in das Dach gedrückt und der Schaden vergrößert wird,
das Sichern eines durch Sturm losgerissenen und gegen das Gebäude gedrückten Baugerüsts, um
weiteren Schaden am Gebäude zu verhindern.
Die Versicherung von Aufräumungskosten, die der besonderen Vereinbarung bedarf, schließt die Kosten für den Abbruch stehengebliebener Teile und das
Beseitigen und Abfahren von Schutt und sonstigen Resten ein. Wenngleich Aufräumungskosten in der Sturmversicherung nicht die Bedeutung wie in der
Feuerversicherung haben, so können sie wegen der hohen Transport- und Deponiekosten doch nicht unerhebliche Beträge ausmachen.
Die Aufräumungskostenversicherung ist nicht auf die Kosten für das Aufräumen des Versicherungsgrundstücks beschränkt. Der in den AStB 2008 gewählte Begriff
Schadenstätte umfasst auch die engere und weitere Umgebung des Versicherungsgrundstücks. Deshalb sind auch die Kosten für die Beseitigung der durch Sturm auf
Nachbargrundstücke geschleuderten Gebäudetrümmer gedeckt, wenn der Nachbar die Beseitigung verlangen kann.
Die gemäß Abschnitt A § 5 Nr. 1 AStB 2008 durch besondere Vereinbarung versicherbaren Kosten
Aufräumungs- und Abbruchkosten,
Bewegungs- und Schutzkosten,
Wiederherstellungskosten für Akten, Pläne, Geschäftsbücher usw.
weisen zur Sturmversicherung keine Besonderheiten auf. Deshalb sei zu diesen Kosten auf die Ausführungen zur gewerblichen und industriellen Feuerversicherung
verwiesen.
Tipp
Die vorerwähnten Kosten, die nur auf besondere Vereinbarung versichert sind, werden von den Versicherern vielfach prämienfrei zugestanden. Im Bedarfsfall
sollten Sie mit dem Versicherer über den prämienfreien Einschluss verhandeln, wobei zu beachten bleibt, dass die Pauschaldeklaration der
Geschäfts-Inhaltsversicherung diese Kosten bis zu bestimmten Entschädigungsgrenzen als Zusatzrisiken erfasst.
Selbstbehalt
Bei Schäden an versicherten Sachen wird gemäß § 8 Nr. 7 AStB 2008 der - unter Berücksichtigung einer evtl. Unterversicherung - ermittelte
Entschädigungsbetrag je Versicherungsfall um einen zu vereinbarenden Selbstbehalt gekürzt.
Selbstbehalt bei mehreren Schäden
Entstehen während eines länger andauernden Sturmes in zeitlichen Abständen am Gebäude mehrere Schäden, so erfolgt die Kürzung nur einmal, weil es sich um
einen einheitlichen Versicherungsfall und nicht um mehrere Versicherungsfälle handelt. Das gleiche gilt, wenn durch denselben Sturm mehrere versicherte
Gebäude beschädigt werden, dies ist ebenfalls als ein einheitlicher Versicherungsfall anzusehen, der nur einmal zur Kürzung der Entschädigung um den Betrag
des Selbstbehaltes führt und nicht etwa für jedes der vom Schaden betroffenen Gebäude wie noch nach den AStB a.F.
Vom Selbstbehalt ausgenommene Schäden
Der Selbstbehalt findet - soweit nichts anderes vereinbart wurde - keine Anwendung auf die Entschädigung für evtl. abweichend von Abschnitt A § 3 Nr. 2 AStB
2008 mitversichertes Gebäudezubehör und für Rettungskosten. Liegt jedoch dem Versicherungsvertrag Klausel SK 1713 - Selbstbehalt bei gekürzter
Versicherungssumme - oder Klausel SK 1714 - Selbstbehalt bei ungekürzter Versicherungssumme - zugrunde, so wird der Selbstbehalt vom Entschädigungsbetrag
einschließlich des Ersatzes für Rettungsaufwand und sonstige versicherte Kosten abgezogen.
Abbedingen des Selbstbehaltes
Abweichend von Abschnitt A § 8 Nr. 7 AStB 2008 kann der Selbstbehalt ganz abbedungen oder mit einem anderen Betrag vereinbart werden. Wenngleich die
Versicherer für den Wegfall des Selbstbehaltes in ihren Tarifen einen Prämienzuschlag vorsehen, verzichten die Versicherer je nach den Risikoverhältnissen
vielfach auf einen Prämienzuschlag.
Erhöhung des Selbstbehaltes gegen Prämiennachlass
Für den VN kann es durchaus von Interesse sein, einen höheren als den vom Versicherer normalerweise vorgesehenen Selbstbehalt (z.B. 100 EUR) zu vereinbaren,
wenn er damit beim Versicherer eine angemessene Prämienreduzierung erreichen kann.
Tipp
Insbesondere wenn größere Objekte mit höheren Versicherungssummen versichert sind, kann die Vereinbarung eines deutlich erhöhten Selbstbehaltes z.B.
von 1.000 EUR je Versicherungsfall sinnvoll sein, weil damit zum einen der Verwaltungsaufwand für die Abwicklung des für ein größeres Unternehmen relativ
geringfügigen Schadens mit dem Versicherer entfällt und zum anderen eine Kostenreduzierung in Form einer niedrigeren Prämie möglich ist. Um den Kostennutzen
beurteilen zu können, sollten beim Versicherer Prämienangebote über alternativ höhere Selbstbehalte eingeholt werden.
Versicherungsgebiet: Gebäudeversicherung
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